1. Nächtliche Begegnung Teil 01


    Datum: 23.09.2018, Kategorien: Erstes Mal Autor: bydornhai

    Samstag nacht, halb eins: Wie immer steige ich als erster in den wartenden Bus ein, der in fünf Minuten losfahren wird. Es ist ein wöchentliches Ritual, diese nächtliche Busfahrt, ein Ritual das ich sehr schätze, aber diesmal bin ich niedergeschlagener als sonst... Immer wieder tauchen die Bilder von meinem besten Kumpel Ben auf. Er ist mein einziger wirklicher Freund... wir kennen uns viele Jahre, er ist ein Freund auf Augenhöhe, wir haben die gleichen Sorgen, Nöte und Probleme und vor allem - das gleiche Pech bei den Frauen. Bei ihm lag es bislang immer am Aussehen. Ben ist klein und rundlich, sein Gesicht schwabbelig und selbst im Hochsommer weiß wie die Wand... Ich hingegen bin groß, schlank, achte auf gute Kleidung, trainiere regelmäßig im Fitnesstudio -- jedoch mit den Frauen klappt es einfach nicht, und es liegt nur -- NUR! - an meiner gottverdammten Schüchternheit, die ich selbst hasse und jeden Tag mehr hasse. Wenn mich ein Mädchen anlächelt, schaue ich verlegen zu Boden. Wenn sie mich anspricht, komme ich ins Schwitzen und fange an zu stottern. Bei Frauen, die ich länger kenne und die in die Kategorie „weibliche Kumpels" fallen, sind diese Probleme vorerst weg. Aber kaum macht eine von ihnen eine zweideutige Bemerkung, eine Anspielung auf ein zwischenmenschliches oder gar sexuelles Thema und sieht mich dabei an, spüre ich wieder diese verhasste Nervosität und Unsicherheit. Jetzt sitze ich im Bus, an meinem Lieblingsplatz: Vorletzte Reihe, rechts am Fenster. Selten ...
     habe ich diesen Bus verpasst, und das nicht nur weil er der letzte ist, der in den entlegenen Vorort fährt, in dem ich wohne. - Ja, ich wohne noch bei meinen Eltern, na und? Ich habe vor einem Jahr mein Studium an einer Technischen Fachhochschule begonnen, und es ist so zeitraubend, dass an einen Nebenjob nicht zu denken ist. Logische Folge: Kein Geld für eine Wohnung! Schon gar nicht hier im Stadtzentrum, bei den explodierenden Mietpreisen. Stattdessen: Mechatronik büffeln in meinem Kinderzimmer, das nervende Geplapper meiner Mutter und das mürrische Brummen meines Vaters ertragen und - viel, viel Bus fahren. Diesen Bus verpasse ich wie gesagt fast nie, da ich nach der Kneipentour mit meinen Kumpels und ein paar Bier meistens sowieso genug habe. Ich bin eben keine Nachteule... Viele von ihnen ziehen dann noch weiter, in die Disco oder in einen Club. Aber ich hasse tanzen! Und die Partnersuche habe ich ohnehin schon aufgegeben... Manchmal frage ich mich ernsthaft, warum Gott mich nicht zu einer Frau gemacht hat. Dann reicht ein gutes Aussehen, und schon wirst du von Verehrern umzingelt! Der Bus fährt los, noch ist er halb leer. Doch jetzt wird er gleich seine Runde um die Innenstadt drehen und dabei das übliche Sammelsurium an Nachtschwärmern aufgabeln. Meist ist er proppenvoll, wenn er das Zentrum verlässt und sich seinen Weg durch das Häusermeer der Vorstädte bahnt... Dann entlässt er portionsweise seine Ladung, und ich bin fast jedes mal der einzige, der bis zur Endstation ...
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