1. Ach komm schon


    Datum: 23.11.2017, Kategorien: Sonstige, Autor: Wolle69

    "Ach komm, so schlimm wird das schon nicht, die spielen ja nicht in einer Tour durch" drängelte Marianne, die unbedingt auf das Weinfest in unserem Dorf wollte. Was mich so abschreckte war die unvermeidliche Blasmusik, die meine Ohren, oder besser mein Hirn, gefühlte Unendlichkeiten malträtieren würde. Blasmusik war für mich, als würde das Top-Menü eines Sternekochs mit dem Püree-Stab in schnabeltassengerechte Konsistenz gebracht und dann als Delikatesse serviert. Marianne kannte meine Abneigung und versprach, es auch wieder gut zu machen, wobei sie "gut" besonders lang und sinnlich betonte. Allerdings war mein Lager mit diesen "guts" bereits sehr gut gefüllt und eigentlich wollte ich den Lagerbestand nicht weiter erhöhen. Eigentlich! Doch wie sinniert der grenzenlose Optimist so schön: die Hoffnung stirbt zuletzt. Nun ich würde den wirklich guten Tropfen auf keinen Fall tröpfeln lassen! Dann habe ich morgen zwar auch Kopfweh, aber erstens erst am nächsten Tag und zweitens durch wahren Genuss verursacht. Heute würde die Musik schneller erträglich und der Gaumenkitzel wäre es ohnehin wert. Wir brachen auf, halb zog sie ihn, halb sank er hin... Auf dem Fest ging es schon hoch her. Ein heißer Junitag neigte sich dem Abend zu, der Platz lag schon im Schatten der Kirche und die Musik zerrte und riss an allen meinen Plomben und Brücken. So sah ich zumindest aus, meinte Marianne. Also her mit dem Narkotikum, am besten intravenös. Marianne bugsierte mich zu einem der wenigen leeren ...
     Sitzplätze, die Britta, ihre Arbeitskollegin scheinbar für uns freigehalten hatte. Aha, also auch noch ein Komplott. Die gesamte böse Welt hatte sich auf das Grausamste gegen mich verschworen. Brittas Mann Jochen saß mit sich schlagartig aufhellenden Gesichtszügen neben seiner Frau, mir gegenüber. Wir fanden schnell heraus, dass die Verschwörung zwei Opfern galt und beschlossen spontan, dass Beste daraus zu machen. Unsere Gesprächsthemen waren schnell bei Autos, Motorrädern, Sport allgemein und Fußball im Speziellen. Wir hatten unsere Frauen komplett ausgeblendet. Nach einer geraumen Zeit, zeugten unsere leeren Flaschen von einem gewissen Pegel, der unser Gespräch in einer schnell enger werdenden Spirale von Thema zu Thema hasten ließ. Ob das der Grund war, oder die Leere der Flaschen weiß ich nicht mehr, jedenfalls stand Marianne auf, ging zu Jochen, besprach kurz irgendetwas mit ihm, um mit ihm und dem Leergut zu entfleuchen. Auch gut. Britta rutschte auf der Bank ein Stück herüber und saß mir nun direkt gegenüber. "Gefällt es dir hier nicht? Wo ich mich doch extra für dich so hübsch gemacht habe?" Dabei schob sie mit ihren Oberarmen die herrliche Einlage in ihrem knappen Spaghetti-Top sehr dekorativ zurecht. Mir wurde ganz warm in der Hose. Dass ich das überhaupt nicht bemerkt habe, muss wohl an der Blasmusik gelegen habe. Das sagte ich ihr auch so, quasi als Entschuldigung. "Ja, der Gedanke ans Blasen kann einen schon verwirren" kam es postwendend zurück. Mann oh Mann, bin ...
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