1. Der Olivenhain


    Datum: 22.03.2019, Kategorien: Romantisch Autor: Freudenspender

    ein Gedeck und bin ein klein wenig enttäuscht. Filippo frühstückt nicht mit mir. Er ist auch nirgends zu sehen. Dafür kommt die Köchin zur Tür herein. "Buon giorno signorina", begrüßt sie mich. "Café?" Hier in Siena bin ich zum ersten Mal in meinem Leben froh, dass mich meine Mutter zum Italienischkurs geschickt hat. Gestern fühlte ich mich sprachlich noch etwas eingerostet. Doch Filippo hat meine Fehler sehr höflich überspielt und langsam bekomme ich meine Selbstsicherheit zurück. Auch die verschiedenen Begriffe und Vokabeln werden mir wieder geläufiger. "Grazie", antworte ich. Sie bringt eine große altmodische Mokkamaschine und stellt sie auf den Tisch. Das Frühstück ist reichlich. Ich habe die Befürchtung, ich soll gemästet werden. "Guten Morgen, Greta!", höre ich von der Tür her. "Guten Morgen, Filippo. Ich hatte schon Angst, du würdest mich versetzen", antworte ich. "Das würde ich nie. Eine so schöne Frau versetzen, das wäre unverzeihlich", kontert er. "Hast du keinen Hunger?" "Ich habe schon gefrühstückt. Bin etwas früher aufgestanden als du", neckt er mich. Trotzdem setzt er sich zu mir an den Tisch und leistet mir Gesellschaft. Nach einer Tasse Kaffee und einem Hörnchen bin ich startklar. Ich bin ungeduldig. Wir durchstreifen den ganzen Vormittag lang die Weinberge. Mit einer unglaublichen Begeisterung erklärt mir Filippo jedes Detail. Am Ende weiß ich, welche Rebsorten angebaut werden, wie sie gepflegt und die Trauben geerntet werden und noch viel, viel mehr. Immer ...
     wieder reicht er mir die Hand, um mir bei Unebenheiten behilflich zu sein. Manchmal bin ich nicht sicher, ob er mich für eine ungeschickte Stadtbewohnerin hält oder ob er einfach nur gern meine Hand hält. Pünktlich zum Mittagessen sind wir wieder beim Herrenhaus und lassen uns von der Köchin allerlei Köstlichkeiten auftischen. Die Wanderung durch den Weinberg hat mich richtig hungrig gemacht Ich greife ordentlich zu. Die Köchin scheint das mit großer Genugtuung zu beobachten. Sie lässt mich keine Sekunde aus den Augen. Nach dem Essen legen wir noch eine Verdauungspause ein, bevor wir uns an die Kellereibesichtigung machen. Wir sitzen zum Verdauen auf der Terrasse und Filippo erklärt mir, wie die Vermarktung funktioniert und wie sie verbessert werden könnte. Danach geht es ab in den Keller. Auch hier bekomme ich die beste Führung, die jemals ein Besucher erlebt hat. Filippo legt sich richtig ins Zeug. Natürlich verkosten wir immer wieder verschiedene Weine, die in den Stahltanks lagern oder in den Eichenfässern reifen. Am Ende der Besichtigung habe ich einen leichten Schwips. Ich bin es schließlich nicht gewohnt, am Nachmittag Wein zu trinken. Beim Verlassen des Kellers stoße ich deshalb mit Filippo zusammen, als wir gleichzeitig durch eine schmale Tür wollen. Von der Situation beeinflusst und vom Alkohol ermutigt, nehme ich sein Gesicht zwischen meine Hände und küsse ihn direkt auf den Mund. Es ist nur ein flüchtiger Kuss und doch fühlt es sich unheimlich gut an. Auch diesmal ...
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