1. Der Olivenhain


    Datum: 22.03.2019, Kategorien: Romantisch Autor: Freudenspender

    aus der Bahn werfen. Sein Gesicht kehrt sofort zu seinem nichtssagenden Ausdruck zurück. Ich bin wahrlich keine Modepuppe. Das könnte ich mir von meinem schmalen Gehalt als Friseurin auch gar nicht leisten. Ich mag schwarze Kleidung, auch wenn ich daraus keine Ideologie mache. Ich mag es eben dunkler und unscheinbar. Ich trage eine löchrige Strumpfhose, dicke klobige Schuhe, einen Ledermini und ein Sweatshirt. Alles schwarz natürlich. Nur eine rote Strähne in meinem sonst schwarzen Haar gibt dem Gesamtbild einen Farbtupfer. "Was soll ich ausgefressen haben?", frage ich. Mein Ton ist immer noch unfreundlich. "Nein, nein! Sie haben nichts ausgefressen", wehrt er ab. Meine Frage scheint ihn zu überraschen. "Wäre es Ihnen möglich, sich auszuweisen?" "Ich soll mich was?" "Ich müsste mich vergewissern, dass Sie wirklich Greta Hertig sind, geboren am 22.Dezember 1995 in Berlin", entschuldigt er sich. "Wer sind Sie überhaupt, dass Sie das wissen wollen. Sie haben sich noch nicht vorgestellt", protestiere ich zickig. "Verzeihen Sie, signorina. Sie haben völlig Recht, wie unhöflich von mir", antwortet er. Ich sehe ihm an, dass ihm sein Versäumnis furchtbar peinlich ist. "Ich bin Renato Domodossola." "Aha, Renato Domo-was bitte?" "Renato Domodossola, ich bin Notaio in Florenz. Wie sagt man bei Ihnen?" "Notar? Sind Sie ein Notar?" "Genau, danke, ich bin Notar." "Was wollen Sie von mir. Florenz ist ein ganz schönes Stück weit weg. Sind Sie sicher, dass Sie zu mir wollen?" "Wenn Sie Greta ...
     Hertig sind, dann will ich zu Ihnen", bestätigt er. Notar passt zu ihm. Die sind doch so steif und genau. Doch was habe ich mit einem Notar zu schaffen? Wenn ich das erfahren will, muss ich mich wohl oder übel ausweisen. "Moment, ich muss meine Handtasche holen", informiere ich ihn. Ich mache mich auf den Weg in den Umkleideraum und hole meine Handtasche. Zum Glück habe ich heute meine Geldtasche dabei. Es gibt Tage, an denen ich sie zu Hause vergesse, weil ich es eilig habe und nicht mehr daran denke. Zurück im Salon nehme ich den Perso heraus und reiche ihn dem Notar. Er nimmt ihn, bedankt sich und kontrolliert die Daten. Anschließend gibt er mir den Ausweis zurück. "Sie sind Greta Hertig", stellt er fest. "Das habe ich die ganze Zeit gesagt!", gebe ich Kontra. "Verzeihen Sie, es geht nicht darum, dass ich Ihnen nicht glaube. Ich muss mich an meine Vorschriften halten und sicher sein, dass ich mit der richtigen Person spreche", verteidigt er sich. "Schon gut", wiegle ich ab. "Wie gesagt, ich muss sicher sein", wiederholt er sich. "Also, signorina Hertig, ich muss Ihnen die traurige Mitteilung überbringen, Ihr Vater ist verstorben." Ich schaue ihn überrascht an. Was soll das jetzt? Damit erzählt er mir wahrlich nichts Neues. "Das hätte ich auch ohne das ganze Theater gewusst", antworte ich genervt. "Der hat schon vor vielen Jahren im Suff den Löffel abgegeben." "Ich meine Ihren leiblichen Vater", stellt der Notar klar. Man sieht ihm an, dass ihn meine lockere Ausdrucksweise ...
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