1. Blutrache Teil 06


    Datum: 01.06.2018, Kategorien: Sci-Fi & Phantasie, Autor: byKojote

    herumfahren und der Krieger trat einen Augenblick später aus ihrem Schatten und sah nun wieder ganz und gar menschlich aus. Und er ähnelte ihr, wie nur Blutsverwandte einander glichen. ‚Wo hast du so küssen gelernt?', erinnerte sie sich gefragt zu haben. ‚Bei meiner Schwester', hatte er geantwortet. Es war also nicht verwunderlich, in zwei Paar dieser silbrig-blauen Augen zu sehen, die gleichermaßen neugierig auf sie hinab blickten. Aber es blieb dennoch eine atemberaubende Erfahrung, denn diese Augen waren so viel durchdringender als die eines Menschen. „Wie kannst du wach sein?", fragte die Frau erstaunt. „Du solltest tief und fest... Bei den Ahnen!" „Was?", kommentierte der Krieger den plötzlichen Ausruf alarmiert. Shadiya selbst hielt nur vor Schreck die Luft an. „Ihre Wunden!", raunte die Kartarin - denn nichts anderes war die Frau natürlich - ehrfurchtsvoll. „Sie sind noch weiter verheilt. Sie ist beinahe genesen!" Die junge Frau folgte den Blicken der beiden Fremden und sah an sich hinab. Und sie stellte mit mildem Befremden fest, dass sie natürlich völlig nackt und fast schon einladend ausgebreitet vor ihnen lag. Weniger mild war ihr die Erkenntnis, dass Wundmale und Brandnarben ihren einst fast makellosen Körper entstellten. Auch wenn sie eigentlich nichts anderes hatte erwarten dürfen, nachdem sie sich nun wieder an die Geschehnisse im Keller erinnerte. „Dreckige Gottesjünger...", zischte sie wütend. „Mögen sie im Feuer ihrer eigenen Hölle schmoren." „Ihre Geister ...
     werden im Nichts zwischen den Welten umherirren, und sich nur an den Schmerz ihres Todes erinnern", sagte der Krieger grimmig. „Unsere Rache wird deine Rache sein." Rache? Ohja... Einmal ausgesprochen fühlte Shadiya, wie das Bedürfnis nach Rache in ihr wuchs. Sie wollte Rache an den Dienern des Gottes, der seine Anhänger aufwiegelte, sich gegen die Geister der Natur zu wenden. Und der guthieß, dass eine Frau gefoltert wurde, deren einziges Verbrechen die Liebe war. Als sie wieder aufblickte, fand sie in den Gesichtern der beiden Kartaren ein Spiegelbild dieses Wunsches. Die drängenden Fragen in Shadiyas Geist standen in einem seltsamen Kontrast zu der Ruhe, die sie fühlte. Selbst der brennende Hass und das Sehnen nach Rache loderten nicht, sondern glühten nur. Heiß zwar und nur durch Blut zu löschen, aber nicht verzehrend, wie sie es eigentlich erwartete. Als sie die beiden entschlossenen Gesichter ansah, verstand sie mit einem Mal, dass sie tatsächlich gestorben war. Das unschuldige, leichtfertige Mädchen, das sein Herz an einen Narren gehängt hatte und diesem törichterweise sogar bis in die Ordensfestung nachstellte, war tot. Es war vom Verrat ihres Liebsten gelähmt und von den Folterwerkzeugen des Inquisitors verletzt worden, um dann dem wilden Krieger von jenseits des Meeres zum Opfer zu fallen. Was nun hier auf den Fellen lag und zu den beiden nicht mehr Fremden aufblickte, war aus der Asche ihres früheren Selbst neu geboren worden. Und es war eine schwere, schmerzhafte, ...
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