Pfarrhaus 01
Datum: 20.09.2017,
Kategorien:
Transen
Autor: byGesa
Mitfahrgelegenheit, die mir der Pfarrer vermittelte, der den Kirchenchor betreute. Dem Herrn von Roden war ich dafür ehrlich dankbar. Allein in der Großstadt Berlin zu sein, war schon ein Erlebnis für mich. Ich begriff schnell genug, dass es zwar nicht richtig war, direkt von West- nach Ost-Berlin zu wechseln, aber es war auch andererseits einfach, das zu tun. Weder die eine Seite noch die andere Seite konnte alle Straßen kontrollieren. Wer pfiffig genug war, schlüpfte einfach durch die Lücken. Meine Mutter war begeistert mich zu sehen. Sie war auch optimistisch, dass es mit dem Thomanerchor eine Chance für mich gab. Schließlich war eine ganze Reihe von ehemaligen Thomanerknaben zu Ruhm und Reichtum gelangt. Als erstes sollte ich dem Pfarrer Rodesius vorsingen. Der ältere Herr war von meiner Stimme begeistert. Er wollte daraufhin am Abend des 12. August nach Leipzig fahren und beim Thomanerchor vorfühlen. Ich müsse allerdings dann legal einreisen, falls ich dort offiziell vorsingen wolle. Meine Voraussetzungen dafür seien zwar nicht ideal, aber meine Stimme sei es. Er begreife zwar nicht, wie ein fast erwachsener Abiturient noch eine derart helle Stimme haben könne, aber das war nach seinen Worten zweitrangig. Falls sich die evangelische Chorleitung dazu durchringen könnte, würde er sich übermorgen melden. Das war zumindest eine Möglichkeit. Ich würde wohl noch viele Möglichkeiten erkunden müssen. Aber dann kam alles anders als gedacht. Hauptmann Wiesler von der Stasi sieht ...
Möglichkeiten Was er brauchte, war jemand, der ihm verlässliche Informationen beschaffte. Das konnte nur jemand sein, der ganz nahe an den Priester heran konnte, der das beste Potential dafür aufwies. Erik von Roden war gleichzeitig der beste Kandidat auf längere Sicht, aber auch jemand, der in mehreren Hinsichten nicht unproblematisch war. Er hatte Kontakte zu den regionalen Militärs in Westdeutschland, was natürlich positiv oder negativ sein konnte. Es gab Gerüchte, dass er gerne ein Glas Wein zu viel trank. Er hatte auch den Ruf, der Prügelstrafe bei Chorknaben nicht abgeneigt zu sein -- aber das galt für viele der streng konservativen Priester. Die beste Möglichkeit Informationen zu beschaffen, war jemand im Haushalt des Pfarrers, aber die derzeitige Haushilfe war alles andere als geeignet, um darauf angesprochen zu werden. Eine nicht so intelligente Haushilfe als Agentin anzuwerben war keine gute Idee. - Aber er hatte da eine andere Idee. Wenn der Herr von Roden eine Neigung zu Prügelstrafen bei Chorknaben aufwies, dann konnte man das für eine Erpressung ausnutzen. Und der Zufall spielte ihm in die Hände. Nach der Schließung der Grenze durch den Mauerbau am 13. August 1961 fiel ihm ein junger Mann durch einen Versuch des unerlaubten Grenzüberganges in die Hände, der genau in das Raster passte. Georg Maria hat ziemliche Probleme Ich war in der Falle. Meine Zukunftsaussichten für das Jahr 1961 sahen alles andere als gut aus. Wie hatte mir das bloß alles passieren können? ...