1. Doppelte Beute


    Datum: 24.12.2017, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: bykeinAutor

    einen möglichst ruhigen Tonfall. Er setzte sich auf die Bettkante und winkte den Gesellen zu, weiterhin draußen zu warten. „Willst du mir verraten, wie du heißt?" „Rosamaria de Braguillas." „Don Braguillas ist dein Vater?" Wieder ein Nicken. „Gut. Das ist wirklich gut. Dann brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Dein Vater ist gewiss wohlhabend und wird ein großzügiges Lösegeld für dich bezahlen, damit du wohlbehalten zu ihm zurückkehrst. So lange wirst du unser Gast sein. Alles, was du an Bord gebracht hast, werden wir allerdings behalten. Das ist die gerechte Beute des Siegers. Ich denke, das verstehst du. Meine Leute wollen schließlich bezahlt werden." Wie auf ein Stichwort hin drängelten die Piraten in die Kajüte. Der Kopf der jungen Frau ruckte nach oben und zum ersten Mal sah sie Davie an. „Halt. Es nicht notwendig, die Kabine zu durchsuchen. Ich gebe Ihnen, was sie wollen", sagte sie hastig. Davie hob die Hand als Signal zu warten. Rosamaria zog umständlich die Matratze an einer Ecke des Kopfendes nach oben, nestelte eine kleine Schatulle hervor und reichte sie ihm. Sie war verschlossen. Fragend sah er sie an. Mit geschickten Fingern schob die junge Frau eine Leiste an der Seite des Kästchens nach unten, dann drückte sie darunter gegen den Rahmen und gleichzeitig gegen das mit hellerem Holz eingelegte Bild einer Rose auf dem Deckel, der daraufhin aufschnappte. Ah, dachte Davie, eines dieser bei Adligen beliebten Rätselschlösser. Der Nachteil dieser ...
     Aufbewahrungsmethode war allerdings, dass die Behältnisse so fragil waren, dass man sie einfach zerbrechen konnte, indem man sie gegen die Wand schmetterte oder mit dem Fuß darauf trat. Dies war ja nun glücklicherweise nicht mehr notwendig. In der aufgeklappten Schatulle blinkten diverse edelsteinbesetzte Schmuckstücke. Unter dem Schmuck lagen zudem einige zusammengefaltete Papiere. Wenn sie so sicher aufbewahrt wurden, nahm Davie an, waren sie vermutlich wichtig. „Der Reverend soll sich das anschauen", befahl er, indem er das Kästchen einem der Umstehenden in die Hand drückte. Er war sicher, dass nichts von dem Inhalt verschwinden würde. Auch wenn der Schmuck sicherlich eine große Versuchung war, wusste jeder, dass alle Beute gesammelt und später gerecht verteilt wurde. Und jedem war zudem die Strafe für Diebstahl unter Kameraden nur zu gut bekannt. Die Männer begannen, die Kajüte zu durchstöbern. „Bitte, Señor Capitan", flehte die junge Frau, „ich habe ihnen den Schmuck doch gegeben. Sonst ist hier nichts Wertvolles." Davie reagierte nicht und sah sie unverwandt an, während seine Seeleute die Einrichtung durchwühlten. „Die hier ist verschlossen", knurrte der schwarze John und trat wuchtig gegen eine Truhe. Rosamaria zuckte zusammen, als habe der Tritt stattdessen sie getroffen. „Den Schlüssel, bitte!" Fordernd streckte Davie die Hand aus, erntete aber nur ein eingeschüchtertes Kopfschütteln. „Nun gut", sprach er halb nach hinten, „dann nimm die Axt und schlage die Truhe zu Kleinholz." „Nein!" ...
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