1. Doppelte Beute


    Datum: 24.12.2017, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: bykeinAutor

    Ziemlich sicher war er dagegen, dass die Kleidungsstücke weder vom Stil noch von der Passform her der matronenhaften Señora Fija gehören konnten. Zwar machte es ihre ausladende Kleidung schwer, ihren Körperbau genauer abzuschätzen. Doch wirkte sie nicht nur wegen ihrer autoritären Haltung relativ groß und stämmig. Zudem wiesen die aufgestapelten Kleider helle kräftige Farben und verspielte Applikationen auf, die gar nicht zum schlichten Schwarz und Weiß der Aufmachung der Lehrerin passen wollten. Die Señora hatte sich wieder gefasst. „Ja, ich reise ohne Begleitung", erklärte sie mit fester Stimme, „Don Braguillas' Kinder sind auf Hispaniola bei ihrer Familie geblieben, während ich Verwandte in Spanien besuchen möchte." In gespielter Enttäuschung schüttelte Davie traurig den Kopf. „Oh, meine verehrte Señora Fija, ich fürchte, sie einer Lüge überführen zu müssen, was ihrer Stellung und ihrem guten Ruf gewiss nicht förderlich sein dürfte. Männer!", wandte er sich nach hinten, „bringt sie an Deck." Die ließen sich das nicht zweimal sagen. Gleich drei seiner Kumpane schoben sich grinsend an ihm vorbei, um die Dame an den Armen zu packen und aus der Kabine zu führen. Doch hatten sie nicht mit deren Gegenwehr gerechnet. Wie eine Bärin, die ihre Jungen verteidigt, kratzte, biss und trat sie um sich, so dass es der gemeinsamen Kraft der drei Piraten bedurfte, sie zu Boden zu ringen und festzuhalten. Erst als sie an Händen und Füßen gefesselt und mit einem von ihrem Rock abgerissenen ...
     Stoffstreifen geknebelt war, konnten die Männer sie mühsam aus der Kabine tragen, während sie sich noch immer wand und sträubte und unter ihrem Knebel unverständliche Verwünschungen ausstieß. „Sean, folge ihnen und sieh zu, dass ihr vorläufig nichts zustößt", befahl er dem rothaarigen irischen Maat, der sich sofort auf den Weg machte. Davie winkte den verbliebenden Männern, zunächst außerhalb der Kajüte zu bleiben. Dann näherte er sich leise, fast auf Zehenspitzen der Koje. Mit beiden Armen griff er sich den Wäscheberg und schleuderte ihn blitzschnell zu Boden. Ein spitzer Schrei der Überraschung ertönte und eine junge Spanierin, die sich unter den Kleidern versteckt hatte, krabbelte eiligst in die hinterste Ecke des Bettes. Ihr leuchtend blaues Kleid mit dem Spitzenbesatz an den Ärmeln stammte offensichtlich aus dem gleichen Bestand wie die nun im Raum verteilten Stücke. Davie konnte trotzdem noch immer nicht verstehen, wie ein einzelner Mensch so viele verschiedene Anziehsachen benötigen sollte. „Ei, was haben wir denn da?", Davie versuchte, so etwas wie ein beruhigendes Lächeln aufzusetzen, „bist du die Schülerin von unserer wackeren Señora Fija?" „Si", sie nickte, wodurch die zerzauste Mähne langer schwarzer Haare noch tiefer in ihr Gesicht fiel. „Sprichst du Englisch?" „Doch, ich spreche ihre Sprache", nuschelte sie verschüchtert. Sie redete im Gegensatz zur Lehrerin mit starkem spanischem Akzent. „Ah, das ist gut. So können wir uns unterhalten", er bemühte sich weiter um ...
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