1. HomoLepus 06


    Datum: 30.11.2017, Kategorien: Romane und Kurzromane, Autor: byAldebaran66

    Zu klein, zu schmal, zu wuselig. Ihre ganze Art stand im krassen Gegensatz zu mir. Ich der eher introvertierte Eigenbrötler, sie die extrovertierte Vollzeitgöre. Trotzdem verstanden wir uns auf Anhieb. Warum auch nicht? Um unser Bündnis zu besiegeln, traf es sich gut, dass ich an dem Tag ihre letzte Tour war und sie Feierabend hatte, sobald sie im Laden Kasse gemacht hatte. Darum gab ich ihr einen der größeren Geldscheine um uns jedem eine vernünftige Flasche zu kaufen und diese mitzubringen. Da sie alle dem nicht abgeneigt war, willigte sie ein und war wenig später an der Tür und wollte gerade durch diese verschwinden, als ich es noch schaffte, ihr den Müll in die Hände zu drücken. Eine Stunde später war sie wieder da. Das Wechselgeld für die Flaschen bekam ich mit Abrechnung wieder und wurde von mir als Trinkgeld gleich wieder zurückgegeben. Dann setzten wir uns ins Wohnzimmer und unterhielten uns miteinander. Na gut, diese Unterhaltung war eher einseitig. Sie redete und redete, während ich zuhörte und zuhörte. Vielleicht mochte sie mich auch deswegen. Immerhin gab ich keine Widerworte und hörte geduldig zu. Wenn ich dann mal etwas los werden wollte, denn hob ich einen Arm und tippte die Frage oder was auch immer in den Rechner. Sie las es dann schnell und schon schossen Antworten oder anderes in einem Schwall von Wörtern und Sätzen aus ihrem Mund. Das erste, was ich von ihr herausbekam, war, dass sie Anna hieß. Damit war schon einmal eine Grundlage gelegt. Der Rest ...
     war nur noch eine Frage von einem Abend. Danach kannte ich sowohl ihre ganze Lebensgeschichte, ihre familiären Verhältnisse, ihre Vorlieben, ihre Schwächen und alles, was einen Menschen ausmachte. Außerdem wusste ich, dass Alkohol nicht das Getränk war, was sie normalerweise zu sich nahm. Obwohl sie nur wenig davon trank, lockerte sich ihre Zunge immer mehr und ihre Aussprache wurde schnell etwas unübersichtlich. Trotzdem machte es Spaß ihr zuzuhören, wenn sich auch vieles wiederholte. Sie war mehr als amüsant. In ihrem Köpfchen verbarg sich eine Art von Humor, der mir öfters die Tränen in die Augen schießen ließ. Dabei erzählte sie alles nicht nur mit der Stimme, sondern ihr ganzer Körper war daran beteiligt. Mimik und Gestik waren bei ihr genauso aussagekräftig wie ihre Stimme, vielleicht sogar noch einen Tick mehr. Alles in allem wurde es ein sehr schöner Abend. Wobei ich es für uns beide behaupten kann. Sie wurde alles los, was ihr in diesem Moment auf der Seele lag und ich hatte eine mehr als angenehme Gesellschaft. Zu später Stunde geschah dann etwas Seltsames. Ich musste mal für kleine Hasen, und als ich ein paar Minuten später zurückkam, lag sie eingerollt auf dem Sofa und schlief. So schnell in einen so tiefen Schlaf zu kommen war mir neu und ich wunderte mich sehr darüber. Was sollte ich jetzt tun. Ich fand sie viel zu niedlich, wie sie schlief und ich brachte es nicht übers Herz, sie zu wecken. Stattdessen hob ich sie ganz sanft vom Sofa auf und trug sie in mein ...
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