1. Ein halbes Bordell


    Datum: 19.08.2019, Kategorien: Schlampen Autor: Freudenspender

    Höflichkeit oder kommt es vom Herzen. Wir haben uns noch nie im Leben gesehen und es bestünde kein Grund, nicht freundlich zu sein. "Freut mich! Was ist das für ein Betrieb?", frage ich neugierig. "Das wird dir dein Onkel im Testament noch erklären. Er wollte es dir unbedingt selber sagen.", antwortet sie. "Hast du lange mit meinem Onkel gearbeitet?", frage ich ungeniert weiter. "Seit meinem 18. Lebensjahr. Ich habe hier angefangen und mich dann hochgearbeitet. Mit deinem Onkel zu arbeiten hat großen Spaß gemacht. Ich hoffe, das bleibt auch weiterhin so.", und ich glaube etwas Wehmut in ihren Worten zu hören. "Meine Damen und Herren, darf ich sie bitten, Platz zu nehmen", reißt mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Ein älterer Mann in einem maßgeschneiderten Anzug betritt den Raum und geht geradewegs zum Schreibtisch. Dieser steht so, dass er einem Lehrerpult gleicht, vor dem die Stühle wie Schulbänke aufgestellt sind. Das ist also der Notar. Miriam nimmt mich am Arm und führt mich zu den Stühlen in der ersten Reihe, direkt vor dem Schreibtisch. Auch wenn ich in der Schule gut war und mein Studium sowie meine Rechtsanwaltsprüfung mit Bravour bestanden habe, war ich noch nie der Streber. Ich saß auch nie in der ersten Reihe. Deshalb ist mir gerade hier nicht besonders wohl dabei, in der ersten Reihe sitzen zu müssen. Aber Miriam lässt keinen Widerstand zu. Ohne unhöflich zu sein, hätte ich mich ihr nicht entziehen können. Unhöflichkeit entspricht aber nicht meinem Naturell und ...
     gerade hier will ich es nicht sein, da ich noch keinen blassen Schimmer habe, was auf mich zukommt. Schließlich sitze ich in der ersten Reihe, Miriam neben mir und alle anderen hinter uns. Und genau das ist mir etwas unangenehm. Ich kenne hier niemanden und kann bei dieser Platzverteilung auch nicht sehen, was für Gesichter sie machen, wie sie reagieren, wie sie sich mir gegenüber verhalten. "Das geht schon. Wir beißen nicht!", beruhigt mich Miriam. Sie schaut mir dabei ganz tief in die Augen und ich habe den Eindruck, ich sehe da ein freundliches Aufblitzen. Aber ich kann mich auch täuschen und es ist nur mein Wunschdenken. Sie ist eine gute Beobachterin, denn sie scheint bemerkt zu haben, dass ich mich etwas unwohl fühle. "Davor habe ich nicht Angst. Aber ich habe keinen blassen Schimmer, was hier abgeht und was ich hier soll", unternehme ich einen schwachen Versuch der Rechtfertigung. "Ich kann dich gut verstehen. Ist alles neu für dich." "Meine Damen und Herren, ich bin der Notar von Herrn Franz Haberle. Er hat mir zwei Wochen vor seinem Tod ein neues Testament diktiert und es gleichzeitig als Video aufgenommen. Sein Wunsch war es, euch selbst seine Entscheidung kund zu tun. Im Zweifelsfall gilt allerdings die schriftliche Form. Bevor wir das Video abspielen, möchte ich noch feststellen, dass das Testament rechtsgültig verfasst wurde und Herr Haberle bei voller Zurechnungsfähigkeit war. Das Testament anzufechten dürfte keinen Erfolg haben. Ich sage das nur vorweg, da der ...
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