1. At the Spa


    Datum: 19.05.2019, Kategorien: Schwule Autor: bysharkanator

    Ich war immer der festen Überzeugung, das Wellnessen nichts für mich ist. Spa-Aufenthalte hatten bei mir schweren Stand, mir misfiel das Nichtstun und stille Warten, je nach Perspektive auch geniessen, und ich konnte mir nicht vorstellen, selbst einmal einen solchen Kurort aufzusuchen. Es gelüstete den jungen Herrn nach Aufregung, jungen Frauen und lauter Musik. Eben kein Leben wie auf Instagram, vielmehr die Jagd nach Extase und Rausch ohne das Beisein des Globus. Als Student musste ich nach einigen Fehlschlägen merken, dass mir die Kosten dafür dann doch etwas zu hoch waren. Ich beschränkte mich auf gelegentliche Ausraster, um die Lust nach dieser besonderen Form der Sozialisierung zu stillen. Dem Mangel an eigenen Geschichten, begegnete ich mit Lesen. Viel Lesen. Und entdeckte dabei ein Faible fürs Schreiben. Was das älter werden nicht alles mit einem macht. Und das mit Anfang Zwanzig. Famoser Zeitgeist, ist man versucht zu sagen. Wie dem auch sei, der Zufall wollte es, dass ich mit einer jungen Dame entgegen meiner Überzeugungen einen Spa besuchte. Ich fand nach kurzem Widerstand, Gefallen daran. Störend war lediglich meine Begleitung. Obwohl mich das nicht davon abhielt, sie ein wenig näher kennen zu lernen. Ich beschloss aber, in Zukunft alleine ein wenig Zuflucht in einer Entspannungslandschaft zu suchen. Zu Inspirations- und Denkzwecken eines Schriftstellers. Auf der Suche nach einer von plätscherndem Wasser begleiteten, stillen und entspannten Umgebung, wie ich sie ...
     bei diesem ersten Besuch erlebte, stiess ich zunächst auf alle Vorurteile, die mich früher noch abgeschreckt hatten. Überfüllte Saunas mit einer Überfülle an hinter Wampen versteckten Würstchen und tiefhängenden, schnatternde Damengesellschaften ohne Scham und Verstand, lüsternde Machohorden ohne Scham und Verstand, turtelnde Teenager ohne Scham oder ein Gefühl für die gefährliche Kombination von warmen Wasserbecken und Körperflüssigkeiten. Eine frustrierende Zeit, die mich der Illusion beraubte, auch für wenig Geld solche Spässe geniessen zu können. Es war Winteranfang und das bedeutet in diesen Breitengraden den nahenden Segen des dreizehnten Monatslohns. Andere investieren in Weihnachtsgeschenke oder Rückstellungen für die Steuerrechnung im Januar, ich entschied mich für einen Kurztripp in das nahe Österreich, in die weissen Höhen und dampfenden Saunalandschaften des schönen Tirols. Meine Recherchen hatten ergeben, dass es dort eine erschwingliche Exklusivität an einem abgelegenen Ort geben würde, der sich dem leiblichen Wohl verschrieben hatte und vor allem Ruhe versprach. Und eben erschwinglich. Das sind die Freuden eines Daseins als Teilzeit-Student/Teilzeit-Angestellter. Ich fuhr also an einem verschneiten Freitag vor Weihnachten nach Österreich. Drei ganze Nächte wollte ich bleiben, verweilen, schreiben. Ein wenig sinnieren und tüfteln, viel entspannen und mit ziemlicher Sicherheit die erprobte Hilfe des Alkohols beanspruchen. So ein kleines Gläschen zum Frühstück hat ...
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