1. Rauchfangkehrer bringen Glück


    Datum: 19.03.2019, Kategorien: Erstes Mal Autor: einsame Wölfin

    Rauchfangkehrer bringen Glück © einsame Wölfin Michael stieg gerade die Treppe hinauf, als die Batterien seines MP3-Players den Geist aufgaben. Entnervt sah er zu seinen Kollegen, die schon das nächste Stockwerk abgingen. Er war der jüngste in dieser Gruppe der Rauchfangkehrer, die wie jedes Jahr in der Weihnachts- und Silvesterzeit mit Kalendern und Neujahrswünschen die Menschen erfreuten. Im Grunde genommen machte er nur mit, um etwas Geld nebenbei zu verdienen, damit er endlich aus diesem Land verschwinden konnte. Gedankenverloren stand er vor einer Haustüre. Das Erste, was ihm auffiel, war, dass sie keinerlei Weihnachtsschmuck trug. Er hatte da schon viel erlebt: überdimensionale Kränze, einmal ein längs halbierter Weihnachtsbaum, erst vor ein paar Blocks hatte er glacierte Äpfel baumeln sehen. Diese schmucklose Türe machte ihn irgendwie traurig, auch wenn er sich dies nicht erklären konnte. Das zweite, was ihm auffiel, nachdem er das Fehlen des Schmuckes registriert hatte, war, dass diese Türe einen Spalt offen stand. Dafür gab es sicherlich viele Gründe, sagte er zu sich selbst recht klischeehaft, doch im Moment wollte ihm einfach keiner einfallen. Er schallte sich selbst einen Dummkopf. Hier, wo es in diesem Haus sicherlich viel abzustauben gab, stand er herum, starrte ins Leere und ließ seine Gedanken schweifen. Ärgerlich schüttelte er den Kopf und wollte sich abwenden, als ihm ein drittes Detail ins Auge sprang: Eine Bierdose, achtlos in die Ecke geworfen. Erneut ...
     wollte er sich abwenden, als lautes Gepolter und ein Schrei ihn herumwirbeln ließen. *** Dies wäre ihr erstes Weihnachten alleine, dachte sich Tanja, und rührte in einem Topf auf dem Herd. Sie blickte nach unten und sah ihre achtjährige Hündin, die sie mit großen, braunen Bettelaugen anstarrte und mit dem Schweif auf den Laminatboden klopfte. Tanja ging in die Hocke, um ihre liebste Begleiterin hinter den Ohren zu kraulen, was sofort mit einem Abschlecken ihres Handgelenks quittiert wurde. "Nun ja. Vielleicht nicht ganz alleine", sprach sie ihre Hündin, ihre Gurke, wie sie sie nannte, an und kraulte nun ihr Hinterteil, das ihr so bereitwillig präsentiert wurde. Nachdem Tanja sie mit einem Klaps und einem Leckerli abgefertigt hatte, stand sie wieder auf und rührte erneut in dem Topf herum. Hühnersuppe, selbstverständlich selbstgemacht. Kein Wunder, dass ihre Gurke da die größten Bettelaugen bekam, die sie jemals gesehen hatte. Das erste Mal, als sie in ihrer Wohnung Hühnersuppe zubereitet hatte, war sie nur einen Moment unaufmerksam gewesen, die Hündin war auf den Küchensessel gesprungen und anschließend auf die Arbeitsplatte, wo sie sich dann den Bauch vollgeschlagen hatte - mit den ausgelösten Hühnerstreifen. Als es an ihrer Wohnungstüre klingelte, stellte sie die Herdflamme ab, um nachzusehen. Durch den kleinen Türspion konnte sie jedoch nichts erkennen, etwas misstrauisch öffnete sie die Türkette und drückte die Türklinke herab. *** Leise betrat er die für ihn fremde Wohnung. ...
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