1. Der Schatten


    Datum: 20.01.2019, Kategorien: Voyeurismus / Exhibitionismus Autor: byNimmermehr

    Der Schatten Es war kurz nach sieben. Er nickte kurz, schob seinen Teller beiseite und erhob sich. Rasch war er an das Fenster getreten und blickte durch das Okular seines Teleskopes. Er betrachtete keine Himmelserscheinungen. Obwohl -- das Zentrum seines Denkens und Handelns war für ihn ein himmelsgleiches Wesen. Ein Wesen, das er bewunderte und begehrte. Er durfte nie wagen, sie kennenzulernen. Er wusste, sie würde sich abgestoßen fühlen. Und er hatte unbeschreibliche Angst vor dem Zurückgewiesen werden. Deswegen würde er ihr niemals zeigen, was sie für ihn bedeutete. Auch hatte er Angst, dass sich seine grenzenlose Bewunderung und seine mehr als nur platonische Liebe für sie, bei einer Ablehnung in das Gegenteil verkehren würden. Er kannte sich nur allzu gut und wusste um seine Fehler. „Krankheit" hatte es vor kurzem eine Ärztin in der Psychiatrie genannt. Gegen Krankheiten gab es Tabletten. Aber die halfen in seinem besonderen Fall nie. Sie hinterließen nur ein unbefriedigtes Gefühl der Leere oder zogen eine schwere, bleierne Müdigkeit nach sich. Und sie stillten auch nicht seinen Trieb. Das wusste er. Therapie und Gespräche waren ebenso wenig ein adäquates Mittel. Niemand verstand ihn wirklich oder wollte ihn verstehen. Wenn er in den Spiegel sah, erblickte er einen abstoßenden Dämon! Offene Ablehnung ließ er nicht zu. Er hatte einmal die Kontrolle verloren. Niemals wieder! Das hatte er sich geschworen. Er blieb weiter im Hintergrund! Er suchte keinen Kontakt. Aber er ...
     folgte jedem ihrer Schritte. Eine kleine Aufmerksamkeit, ein Zeichen seiner Gefühle... all das schickte er ihr nicht. Er wusste, dass sie das nur verstören würde. So war er stets unsichtbar. Wie ein Schatten im Sonnenlicht. Das Licht ging in ihrem Flur an. Viertel Sieben, pünktlich wie immer. --- „Was ein Scheißtag!" Halberschlagen pfefferte sie ihren durchnässten Anorak in die Ecke des Flurs und ärgerte sich nicht nur über den Regen. Michael wollte einfach nicht einsehen, dass Schluss war. Er war heute im Kindergarten erschienen und hatte eine filmreife Szene hingelegt. Schimpfworte waren gefallen und sogar geschlagen hatte er sie. Die Kinder hatten angefangen zu weinen und die beiden anderen Betreuerinnen waren hilflos. Aber dann war der Vater von Susanne, einem Mädchen aus ihrer Gruppe, eingeschritten und hatte Michael ohne viel Aufhebens an die Luft gesetzt. Michael war ein feiger, verschlagener Sack. Krankhaft eifersüchtig, doch das stellte sich leider erst nach den ersten Wochen ihrer kurzen und doch viel zu langen Beziehung heraus. Immer noch innerlich aufgewühlt, entspannte sie sich, als ihr Kleiner an ihrem Bein hochsprang. Mephisto, ihr anthrazitfarbener Mittelschnauzer, begrüßte sie überschwänglich und freute sich, dass sie wieder zu Hause war. Nach dem Abendessen würde sie wieder kurz mit ihm in das Sauwetter hinaus, einen kleinen Spaziergang absolvieren. Mephisto war noch nicht ganz der Alte. Die Vergiftung vor drei Wochen hatte ihn verdammt hart mitgenommen. ...
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