Pierrot und Columbine
Datum: 13.12.2018,
Kategorien:
Verführung
Autor: Almendra
Kunststück, einen Clown darzustellen und dabei gleichzeitig elegant und männlich zu wirken. Die Augen des Pierrots werden von einer schlichten, schwarzen Maske umrahmt. Er steht ein paar Meter entfernt, aber ich kann dennoch sehen, dass sie von einem intensiven Grün sind. Vielleicht trägt er Kontaktlinsen - jedenfalls verfehlt der Blick seine Wirkung nicht. Ich erwidere ihn gebannt. Jetzt löst er sich vom Parkett und kommt langsam einige Schritte auf mich zu. Mein Herz klopft. Ich bleibe stehen. Er lächelt nicht, sieht mich nur unverwandt an. Als er nah genug ist, reicht er mir wortlos eine Hand. Wie in Trance lege ich meine Hand in seine und lasse mich aus dem Saal in die Eingangshalle führen. Musik und Stimmen werden zu Hintergrundgeräuschen - und endlich spricht er. "Hallo, Columbine", sagt er mit einer tiefen, melodischen Stimme. - "Sehr erfreut, mon ami Pierrot!", erwidere ich. Der Anflug eines Lächelns zuckt um seine Mundwinkel. - "Ich beobachte dich schon eine Weile, schöne Columbine", fährt er fort. "Deine gräfliche Freundin hat Spielgefährten gefunden, wie mir scheint. Aber eine so schöne Frau wie du soll doch den Abend nicht allein verbringen!" - Ich erwidere nichts. Er hält noch immer meine Hand, die ganz warm geworden ist. Plötzlich spüre ich wieder ganz deutlich den Tüll an meinen nackten Schenkeln und bekomme eine Gänsehaut. Dem Pierrot entgeht dies nicht. Wieder spielt der Anflug eines Lächelns um seine geheimnisvollen Lippen. - "Hast du schon das Schloss ...
erkundet?", fragt er mich, und seine grünen Augen schweifen zur breiten, gewundenen Treppe, die ins Obergeschoss führt. Ich folge seinem Blick. Eine dicke Kordel hängt vor den Stufen, daran ein Schild mit der Aufschrift KEIN ZUTRITT. Ich schaue meinen neuen Bekannten amüsiert an und schüttle den Kopf. Er mustert mich spöttisch. "Du siehst abenteuerlustig aus, Columbine", sagt er. "Von einer Kordel und einem Schild wirst du dich doch nicht abhalten lassen?!" - Ich zögere. Wieder macht sich der Tüll unter meinem Rock bemerkbar, und mir kommt es kurz so vor, als sei mein Kleid mit einem Zauber belegt und ein Verbündeter des Pierrot. Ein Schauer läuft über meinen Rücken. Ich nehme einen tiefen Atemzug und schreite auf den Treppenabsatz zu. Zum ersten Mal höre ich meinen Begleiter leise lachen. Auf leisen Sohlen folgt er mir und sieht sich kurz um. "Die Luft ist rein!", flüstert er dann, und ehe ich mich´s versehe, hilft er mir über die Kordel, nimmt mich an der Hand und eilt mit mir die breiten Stufen hinauf. Am oberen Absatz der gewundenen Treppe schauen wir uns an und prusten plötzlich los wie zwei Kinder, die gemeinsam einen Streich aushecken. Die abenteuerlustige Columbine in mir ist nun endgültig erwacht. Übermütig packe ich den Pierrot am Frack und ziehe ihn den schummrig beleuchteten Gang entlang. Er ist so überrascht, dass er fast stolpert, folgt mir jedoch sofort. Der dicke, rote Teppich schluckt das Geräusch unserer Schritte. Mein Blick schweift über die vielen hohen Türen ...