1. Ein Liebesdreieck an der Isar


    Datum: 13.02.2018, Kategorien: Nicht festgelegt, Autor: bydirtyoldman84

    Julia... Ihre Treue hatte ihm jahrelang einen Halt gegeben, eine Stütze, selbst wenn alles andere schief ging. Eine verhauene Zwischenprüfung an der Akademie, eine vergessene Schleife beim Programmieren, die die Arbeit von Wochen wertlos machte, ein leerer Kühlschrank, was auch immer, Julia war da gewesen, hatte ihn festgehalten, getröstet, guten Rat gegeben wie eine Mutter und gleichzeitig war sie sexuell verfügbar gewesen, was bei seiner Mutter nie eine Rolle gespielt hatte. Das war einfach perfekt -- und nun? Sie. Hatte. Es. Mit. Einem. Anderen. Gemacht. Es war, als stünde die ganze Welt kopf. Plötzlich stimmte nichts mehr, der Halt war nicht mehr da... Wie unter einem physisch auf ihn herabsausenden Schlag, ein Gefühl, das auch tatsächlich schmerzte, taumelte Rolf gegen den Türpfosten, verlor die Klinke aus der Hand und das Türblatt schwang langsam auf. Das filmtypische „unheilverkündende Knarren" fehlte, weil die Türangeln gut geölt waren, dennoch war das Geräusch deutlich genug. Julia drehte den Kopf und sah in Rolfs Gesicht. Erschrak für einen Moment und ihr ganzer Körper verkrampfte sich. Dann waren Helmut' Hände wieder da, gaben ihr Halt, seelisch wie körperlich. Seine Autorität, seine -- ja, seine Macht, war jetzt ein Schutz für sie. Voller Dankbarkeit sah sie ihn an, stieg dann von ihm herunter und zog dabei wieder die Wolldecke um sich. Es wäre absurd gewesen, sich vor Rolf zu schämen, sondern die Geste schickte eine ganz andere Botschaft: Das, was unter dieser ...
     Decke ist, gehört jetzt nicht mehr dir. Irgendwann -- nach Sekunden oder nach Stunden? -- fand Rolf die Sprache wieder. Er rang die Hände, als wollte er Julia packen, sie an sich reissen, um sich zu überzeugen, dass das alles nur ein böser Traum war, aber ein Blick aus ihren Augen liess ihn erstarren. Sie strahlte plötzlich eine Würde aus, die er nie zuvor an ihr gesehen hatte und die seinem Schmerz auch noch Angst hinzufügte. „Julia", flüsterte er hilflos. „Julia..." „Sie weiss, wie sie heisst", brummte Helmut, der sich ebenfalls aufgerichtet hatte, sich aber nicht die Mühe machte, seine Blösse zu bedecken und Rolf herausfordernd anstarrte. Seine kräftige Erscheinung liess ihn wie einen aufrecht gehenden Bären wirken, der sich nicht als Eindringling versteht, sondern das, was er getan hat, als sein selbstverständliches Recht ansieht und seine Blicke sagten deutlich, was er nun auch noch in Worte fasste. „Wenn du sie anfasst, breche ich dir alle Knochen im Leib." Rolfs Arme fielen herab. „Julia", wiederholte er, „sag' doch auch mal was." In diesem Moment überwand sie den letzten Hauch von Mitleid, der sie bisher von einer Entscheidung zurückgehalten hatte. „Was soll ich denn noch sagen? Es ist aus mit uns beiden." „Wa -- Warum?" „Weil es keine Liebe mehr zwischen uns gibt. Du hast viel davon geredet und dich damit höchstens noch selbst angelogen." Rolf gab ein Wimmern von sich wie ein Kind und Julias Stimme wurde etwas milder. „Sieh' es doch ein: Wir sind auf die Nase gefallen ...