1. Das fremde Mädchen


    Datum: 28.12.2017, Kategorien: Romantisch Autor: Manuela Yasmina

    glaubte sie schon lange nicht mehr. Dieses Geheimnis hatte sie mir, als sie 5 Jahre alt war, entlocken können. Und seitdem war es so, als ob sie mir ansah, ob ich die Wahrheit sagte, oder sie belog. Eigentlich belog ich Josephine nie. Nur halt in Beziehung zum Weihnachtsmann, da machte ich eine Ausnahme. Und eigenartigerweise merkte sie da nie, daß ich sie anlog. Oder sie ließ es mich nicht spüren, daß sie Bescheid wußte. Allerdings konnte es auch sein, daß sie sich dieses "Wunder" bewahren wollte, solange es ging. Aber auch in anderer Hinsicht war das Verhältnis zu meiner Schwester eher ungewöhnlich. Wir verstanden uns. Nun mag manch einer sagen: Ich versteh mich mit meiner Schwester auch. Aber bei uns war dies noch ausgeprägter. Angefangen hatte alles vor etwa 2 Jahren. Zu der Zeit schlief ich nachts immer noch sehr unruhig, ja, ich wanderte förmlich im Bett herum. Mama fand mich morgens nie so vor, wie man es eigentlich erwartet hätte. Mal lag ich quer, mal verkehrt herum im Bett. Und man hätte sich auch nicht gewundert, wenn man mich morgens im Kleiderschrank gefunden hätte. Da kam meine Schwester eines Tages vom Kindergarten nach Hause, in ihrem Gepäck die Windpocken. Und wen steckte sie an? Natürlich mich. Und da ich in der Zeit der Krankheit sehr viel schlief, auch tagsüber, kam Mama sehr oft in mein Zimmer und mußte mich, wie wäre es auch anders gewesen, wieder richtig hinlegen. Bis zu dem Tag, als Mama noch schnell in die Apotheke laufen mußte, um etwas abzuholen. ...
     Genau zu diesem Zeitpunkt wurde Josi wach und rief nach Mama. Da Mama aber noch nicht zurück war, stand ich auf und ging zu ihr. "Ich muß mal", sagte sie und schaute mich nur an. Also ging ich mit ihr und anschließend kam sie einfach mit zu mir ins Bett. Sie legte sich in meinen Arm und wir schliefen ein. Bei Mama hatte es etwas länger gedauert und so lief sie als erstes nach oben, um mich wieder ins Bett zu bugsieren. Aber da sah sie, daß Josi in meinem Arm lag und ich meine Wanderungen eingestellt hatte. Sie testete dies noch einige Male. Schließlich meinte sie dann, daß Josi besser bei mir schlafen solle, bis das ich meine nächtlichen Expeditionen ganz einstellen würde. Und so schlief Josi meistens bei mir. Aber auch in anderer Weise machte sich die Verbundenheit von uns bemerkbar. Man mag es vielleicht Telepathie, Intuition oder so nennen, aber wir wußten, was der andere dachte. Nicht daß wir es hörten, nein, anders. So kam es zum Beispiel, daß ich Jahre später, meine Schwester anrief. Bei ihr war es Nacht und als es klingelte, hob sie trotzdem sofort ab. Ganz in Gedanken sagte ich: "He Schatz, der Riese kann das Einhorn nicht fangen. Keine Angst." "Danke", kam es vom anderen Ende der Leitung und sie legte auf. Dazu muß man wissen, daß sie von klein auf immer von Fabelwesen träumte. Meistens von Einhörnern. Das waren ihre Lieblingstiere. Aber da war auch immer ein böser Riese, der sie fangen und massakrieren wollte. Und diese Träume machten ihr auch noch als junge Frau ...
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