1. Das Ersatzteil


    Datum: 30.04.2019, Kategorien: Erstes Mal Autor: byAndreasWB

    Alle Personen in dieser Geschichte sind mindestens 18 Jahre alt. * Das Ersatzteil Die warme Sonne kitzelte meine nackten Füße, die ich auf der hölzernen Treppe unseres schlichten Bauernhauses ausgestreckte. Ein leichter Wind fuhr in mein rotgeblümtes Sommerkleidchen. Im Hof scharrten ein paar Hühner im Mist, sorgsam bewacht durch den bunten Hahn. Ich sah meinen Vater über das Feld heranstapfen. Er lief etwas gebückt, in seinen Armen trug er einen großen Gegenstand. Als er näher kam, sah ich sein schwitzendes Gesicht, in dem sich Zorn und Verzweiflung mischten. Der große Mann ließ das Teil missmutig neben den Hühnern auf den Boden fallen. Ich lief zu ihm und erfuhr, dass ein wichtiges Ersatzteil der Dreschmaschine zu Bruch gegangen war. Mit den schmutzigen Fingern fuhr sich mein Vater durch die verschwitzten Haare. Seine fluchende Stimme klang verzagt. Dieses Teil -- wir brauchten es, um die Ernte vertragsgerecht abliefern zu können. Und es war kaputt. Es war sogar sehr kaputt. Es war irreparabel, wie mein Vater es vornehm ausdrückte. Er liebte zuweilen solche Worte, die ich kaum nachsprechen, geschweige denn verstehen konnte. Irreparabel. Das hieß, Mutters Haushaltskasse leeren und ein neues kaufen. Die Haushaltskasse gab nicht viel her. Und was noch schlimmer war -- sie konnte erst wieder gefüllt werden, wenn wir die Ernte vertragsgerecht verkauften. Ich überschaute damals nicht, was das hieß, die Haushaltskasse sei leer, aber ich wusste, dass dann wieder keine Stifte für ...
     die Schule da sein würden und neue Schuhe kämen für mich frühestens mit dem ersten Frost. Mein Vater drückte mir das Geld in die Hand und gebot mir, in die Stadt zu laufen und dort im Handelskontor das lebens- schuh- und stiftwichtige Ersatzteil zu kaufen. Ich lief eilig los und kam außer Atem etwa nach einer Stunde im Kontor an. Meine bloßen Füße patschten die sonnenheißen Stufen hinauf. Gleich darauf umfing mich das Dämmerlicht des Lagers, in dem all diese wertvollen Teile unter der Staubschicht der umliegenden Erntefelder schlummerten. Ein mächtiger Tresen versperrte den Weg und hinter dem Tresen bewachte ein kräftiger junger Mann diese Teile. Mir fielen seine muskulösen Arme auf, die aus den abgeschnittenen, fransigen Hemdsärmeln ragten. Ich reichte im den Zettel, auf dem der Name des irreparablen Teils geschrieben stand und legte den Inhalt unserer Haushaltskasse auf den Tisch. Der junge Mann verschwand im Halbdunkel der Regale. Ich trat unruhig von einem Fuß auf den anderen und kam mir mit seinem Sommerkleidchen irgendwie unpassend gekleidet vor für die Übergabe des kostbaren Ersatzteils. Der kräftige Junge erschien mit dem Teil, legte es auf den Tresen, zählte unser Haushaltsgeld und schüttelte den Kopf. „Kleine, das Geld reicht nicht. Es ist nicht mal die Hälfte dessen, was das Teil hier kostet. Tut mir leid, Du musst noch mal nach Hause und mehr Geld holen." Ich hörte mein Herz rasen und spürte, wie die Tränen in meine Augen schossen. Unmöglich! Mehr Geld gab es in ...
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