1. Lacrimosa Teil 06


    Datum: 08.11.2018, Kategorien: BDSM Autor: byMuecke

    Tröstendes. Doch kaum hatte ich das Buch ausgesucht, brachte meine Entscheidung mich auch schon in Schwierigkeiten. Natascha, die junge Frau, die ich während unserer Rastpause kurz beobachtet hatte und deren Äußeres mich an Emilia erinnerte, stand plötzlich vor mir. „Wasn das", fragte sie in einem patzigen Tonfall und grapschte nach meinem Buch. Ich war nicht schnell genug, um zu verhindern, dass Natascha es mir wegnahm. Sie schaute kurz auf den Titel, schlug es auf und blätterte gelangweilt durch ein paar Seiten, ohne sie zu lesen. „Das ist ein Roman von Juan Carlos...", begann ich, von Nataschas forscher Art eingeschüchtert, doch Natascha unterbrach mich. „Was heißt das", fragte sie ungeduldig und tippte mit ihrem schlanken Zeigefinger auf den Buchtitel. „Cuando ya no importe", las ich schüchtern den Titel vor. „Das ist spanisch und heißt: ‚Wenn es nicht mehr wichtig ist'." Natascha sah mich mit ihren dunkelbraunen Augen leicht angewidert an, so als wenn ich in diesem Moment etwas Ekliges gemacht hätte. „Willst hier wohl zeigen wie schlau du bist", sagte sie voller Verachtung. Ich war wütend und hätte ihr das Buch am liebsten sofort wieder aus ihren Händen gerissen, mich umgedreht und mich, wie damals auf dem Schulhof, in eine entlegene Ecke verkrochen. Doch in Porchow konnte ich den Frauen nicht aus dem Weg gehen und diese unangenehme Wahrheit wurde mir schlagartig bewusst, als ich eingeschüchtert vor Natascha stand und nicht mutig genug war mein Buch zurückzufordern. ...
     Ich spürte nur Nataschas Verachtung dafür, dass ich gebildet war. Und dieses Gefühl machte mich hilflos, da es mir eine Gefahr bewusst machte, gegen die ich mich mit vernünftigen Mitteln nicht wehren konnte. Zu meiner großen Überraschung gab mir Natascha das Buch mit einer plötzlichen Bewegung zurück. Doch schon im nächsten Moment wusste ich warum. Madame Domingo stand ganz in unserer Nähe und drehte sich gerade in unsere Richtung. Natascha war schlau genug gewesen, Madame Domingo keinen Vorwand zu liefern. Ich vermutete damals schon, dass Natascha nicht dumm war. Sie war nur ungebildet und an allem desinteressiert, das sie intellektuell zu sehr forderte. Trotzdem war sie klug, verschlagen und hinterlistig. Diese Eigenschaften sollte ich noch früh genug an ihr entdecken können, doch im Moment war ich einer Konfrontation mit ihr noch um Haaresbreite entgangen. Trotzdem: Die kleine Szene mit ihr hatte mich tief bestürzt. Ich war wieder diejenige, die ich noch nie sein wollte: Die Außenseiterin. Und gerade an diesem Ort wollte ich von den anderen Frauen nicht ausgeschlossen und nicht verachtet werden. Hier war ich schutzlos, nackt, fremd und ohne Emilia. Nachdem jede von uns einen Gegenstand ausgesucht hatte, wurden wir zu je acht Frauen auf die unterschiedlichen Zimmer verteilt. Neue und alte Schülerinnen wurden dabei gemischt, weswegen auf meinem Zimmer, außer mir, noch fünf neue und zwei alte Schülerinnen schliefen. Und leider schlief auch Natascha in meinem Zimmer. Doch am ...
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