1. Lektionen 7


    Datum: 02.10.2018, Kategorien: Betagt, Autor: byepsylon

    und da startete ein Chauffeur mit einer Kurbel ein Automobil und in kürzester Zeit war der ganze Spuk vorbei. Rumpelnd und Ratternd ging es in einer langen Kolonne dem Bahnhof entgegen, um den Vier-Uhr-Zug zu kriegen. Am Bahnhof bot sich das gleiche Bild wie immer um diese Jahreszeit. Da sich auf der anderen Seite der kleinen Bucht ein Mädcheninternat befand und es nur diesen einen Bahnhof gab, sammelten sich nicht nur die Mitschüler Georges und Arthurs auf dem Bahnsteig, sondern auch die Mädchen mit ihren Gouvernanten. Zu der Zeit war es für Mädchen und junge Frauen undenkbar, alleine zu Reisen. Das entsprach nicht der Etikette und allein reisende Frauen und Mädchen hatten etwas anstößiges. Eine verbotene, erotische Aura umgab solche Frauen. Natürlich kursierten Geschichten über Großbrüstige, lose Frauenzimmer, deren Wahrheitsgehalt aber selbst unter den älteren Jungen umstritten war. Vor allem da jeder eine andere Vorstellung von "lose" hatte. Für George war es klar, dass sie sich auf keinen Fall zu einem Mädchen und ihrer fraglos immer nervenden Begleitung in ein Abteil setzten würden. So steuerte er zielstrebig auf den hinteren Teil des Zuges zu, um ein Abteil zu besetzen. Die Beiden richteten sich ein. Bücher kamen hervor, der warme Kakao, mit Rum versetzt, wurde eingeschenkt und dann begann der gemütliche Teil der Reise. Fünf vor Vier wurde die Abteiltür aufgerissen. Ein Uniformierter Bahnangestellter hält die Tür auf und schaut kurz rein. "Na Jungs? Noch Platz für ...
     zwei?" Ohne eine Antwort abzuwarten rief er am Zug entlang: "Miss, hier sind noch zwei Plätze. Kommen sie, kommen sie!" Die beiden Jungen schauten sich an. Arthur sagte mit leicht spöttischem Grinsen: "War wohl nichts, diesmal." "Scheiße!" War die knappe Antwort aus zusammen gepressten Lippen. In aller Eile wurde die gegenüberliegende Bank frei geräumt, flogen die anrüchigen Bücher in die Taschen und wurde die Zeitung hervorgekramt, verschwand der Kakao, setzten die Beiden sich gerade hin. In der Tür erschien das sommersprossige Gesicht einer Rothaarigen, etwas jünger als die Beiden, gekleidet in ein dunkelblaues Schulkleid mit Regenumhang und Haube. Dahinter kam der große Busen einer schon älteren auch in dunkel gekleideten, schwarzhaarigen, blassen Gouvernante ins Sichtfeld der Beiden. Höflich begrüßten sie sich, der Bahnangestellte wuchtete die Koffer ins Abteil und die beiden Frauen nahmen Platz. Kurze Zeit später rollt der Zug an, gewann an Fahrt und vergrößerte den Abstand zu den Schlaf- und Lernsälen der Schulen. Der Zug ruckelte und keuchte an der Irischen See entlang. George und Arthur versuchten sich auf ihre Zeitungen zu konzentrieren und schielten alle paar Augenblicke zu den beiden Frauen hinüber. Die Gouvernante war in eine Stickerei vertieft, das Mädchen las in einem Buch. Langsam fielen der Gouvernante die Augen zu, sie legte die Stickerei zur Seite und lehnte sich in eine Ecke ihrer Bank, die Hände in ihrem Schoß gefaltet, den Kopf leicht zu Seite geneigt, ...
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