1. Wahlverwandschaften Teil C


    Datum: 04.03.2018, Kategorien: Transen Autor: byGesa

    durch die Wand gehen zu wollen, macht das Leben nicht gerade leicht. Du wirst im Alltag auch auf das Entgegenkommen von vielen Lehrern angewiesen sein. Sie durch überhastete Entscheidungen vor den Kopf zu stoßen, wird Dir nicht gerade helfen. Natürlich kann ich Dir als Jurist bei den Ausweisen helfen, aber bei der Schule sind nicht die rechtlichen Aspekte das wichtigste, sondern die praktischen im Alltag. Und das braucht eine entsprechende Vorbereitungszeit. Nebenbei bemerkt, trifft das auch auf die Ausweise zu. Meiner Kenntnis nach dauert das ungefähr ein halbes Jahr..." „Ein halbes Jahr...??!" Ich starrte ihn fassungslos an. Das durfte doch nicht wahr sein. Was war denn so schwierig daran, ein ‚e' an Christian dranzuhängen? Ich meine, es war doch per Diagnose eindeutig klar, dass ich genetisch eindeutig weiblich war. „Das sieht deiner Mutter ähnlich! Offensichtlich hat sie es geschafft, die Genehmigung der Krankenkassen für eine Operation durch Beziehungen mit Ärzten und Gutachtern zu organisieren, aber von der rechtlichen Seite her hat sie wohl gar nichts organisiert, wie ich Deinem entsetzten Gesichtsausdruck entnehme. Ja, für eine Vornamensänderung und eine Personenstandsänderung braucht es eine Genehmigung, die durch Gutachten untermauert werden muss. Also kurzfristig kannst Du der Schule nichts aufzwingen..." Das war mir nicht klar gewesen. Woher sollte ich auch ahnen, dass eine wichtige Operation möglich war, aber eine kleine Namensänderung ein derartiger Riesenakt ...
     war? Das warf meine Pläne durcheinander. Insofern hatte Daddy vielleicht Recht. Ich musste an die Schule bedeutend behutsamer herangehen, als ich mir das vorgestellt hatte. Er sah mir meine Enttäuschung wohl an. „Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut, Chris. Es gibt auch eine gute Nachricht. Die meisten Schulen in Berlin akzeptieren eine Vornamensänderung auch ohne eine offizielle Änderung des Vornamens im Personalausweis. Dies unter der Voraussetzung, dass der Bedarf hinreichend belegt ist durch Gutachten oder eine entsprechende Argumentation mit untermauerten Dokumenten." Das hörte sich alles nach Komplikationen an. Die Überweisung an die Klinik in Berlin war im Vergleich dazu ein Spaziergang gewesen. „Ich gehe einfach zum Leiter der Schule mit meiner Diagnose. Er wird doch wohl einsehen, dass dies ein triftiger Grund ist!" Mein Vater schüttelte seinen Kopf, als ob ihm diese Idee ganz abstrus vorkam und das war sie wohl auch in seinen Augen: „Chris, kein normaler Schulleiter hat eine Neigung, sich mit Konflikten zu befassen, denen er ausweichen kann. Und in Deinem Fall kann er das leicht, indem er einfach das Ergebnis Deiner gerichtlichen Personenstandsänderung abwartet. Nein, Du brauchst Deine Tutorin. Sie kennt Dich und ist verpflichtet, Dich in schulischen Dingen zu beraten. Wenn jemand vom Lehrkörper ein Interesse daran hat, Dir vor der gerichtlichen Namensänderung zu helfen, dann ist sie es." So gesehen, hatte er vielleicht nicht Unrecht, aber es war auch eine echte ...
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