1. Lebe deinen Traum


    Datum: 05.01.2018, Kategorien: Sonstige, Autor: lucy

    es nur daran, dass sie noch nicht den Richtigen gefunden hatte, dachte Lynn. Oder die Richtige. Die Person, welche die Widerspenstige zu zähmen verstand. Und links neben Lynn lag Aimée, ziemlich genau das Gegenteil von Eva. Pflichtbewusst, zurückhaltend, beinahe schon schüchtern. Während Eva grundsätzlich mit mindestens zehn Minuten Verspätung erschien, war Aimée garantiert zehn Minuten zu früh da, damit auch ja niemand wegen ihr warten musste. Als Schwester eines Hörbehinderten wusste sie, wie schwierig es für diese Leute in der Gesellschaft war und so war es wohl nur folgerichtig, dass sie als Lehrerin an einer Schule für Hörbehinderte arbeitete und ihr Bestes tat, ihren SchülerInnen die gleichen Chancen wie Nichtbehinderten zu ermöglichen. Auch in Sachen Beziehungen war sie der komplette Gegensatz zu Eva. Keine one night stands, keine kurzen Affären. Sie fühlte sich sogar schuldig für das Scheitern ihrer letzten Beziehung, wo sie doch nichts anderes getan hatte als sich selbst - und ihm - treu zu sein, während sich ihr Freund, der Arsch, mit anderen herumgetrieben hatte. Eva, der es nichts ausmachte, splitternackt über die Wiese zu rennen und kopfüber ins Wasser zu tauchen, wo doch jede wusste, dass man nie in unbekannte Gewässer springen sollte, schon gar nicht kopfüber. Aimée, welche ein Badetuch um sich geschlungen hatte, um ihr Bikini darunter anzuziehen damit auch ja kein zufällig vorbeikommender Spaziergänger ihren nackten, schlanken Körper sehen konnte. Eva, welche ...
     ihre Sachen einfach ins Gras fallen liess, während Aimée sogar ihre Spandex-Radlerhose sorgfältig gefaltet hatte. Yin und Yang. Schwarz und Weiss. Tag und Nacht. 'Und ich bin dazwischen', dachte Lynn. 'Fest auf dem Boden stehend. Analytisch, überlegt aber doch auch ab und zu mal impulsiv. Pragmatisch, aber auch einfühlsam und herzlich, wenn ich der Beurteilung von Aimée und Eva glauben kann. Und wenn ich ihnen nicht glauben und vertrauen kann, dann kann ich niemandem vertrauen'. Yin und Yang. Schwarz und Weiss. Tag und Nacht. Und seit dreizehn Jahren, seit sie sich im Gymnasium zum ersten Mal begegnet waren, war Lynn die kleinen Punkte im Yin/Yang Symbol. Die Graustufen zwischen Schwarz und Weiss. Die Abenddämmerung und das Morgengrauen. Der ruhende Pol, welche die Extreme zusammenhielt und die Wogen glättete, wenn die zwei unterschiedlichen Charaktere von Aimée und Eva wieder einmal aufeinander prallten. "Ich wollte, ich wäre etwas mehr wie du, Eva", riss Aimée ihre Freundinnen plötzlich aus ihren Träumereien. Das war eine ungewöhnliche Aussage für Aimée. Wahrscheinlich war sie immer noch etwas beeinflusst vom Champagner. "Hä? Warum?" "Weil ich mir immer Sorgen mache. Weil ich nie kopfüber ins Unbekannte springen würde. Weil ich nie eine Nacht mit einem Unbekannten verbringen könnte, weil ich keinen Sex haben kann, ohne zumindest zu glauben dass ich den Kerl liebe." Niemand sagte etwas für eine Minute oder auch zwei. Sowohl Eva und Lynn waren komplett überrascht von Aimée's ...
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