1. Klimawandel


    Datum: 15.09.2018, Kategorien: Verführung Autor: Timmi

    Dicke Regenwolken bedeckten den Himmel, und ein eiskalter Sturmwind fegte über den Bahnsteig. Da kam Felix, dick eingepackt, mit seinem übervollen Rucksack die Treppe hoch. Ich winkte ihm zu. "Hallo, Tim", rief er, "da hast du ja ein schönes Wetterchen mitgebracht! Ist Therese noch nicht da?" "Nein", antwortete ich. "Sie kommt wahrscheinlich wieder auf den letzten Drücker." Während unser Zug einfuhr, warfen wir beide einen misstrauischen Blick in den Himmel. Es sah aus, als ob es jeden Moment furchtbar regnen würde. Da fiel Therese uns plötzlich beiden um den Hals. "Hi", sagte sie, ganz außer Atem. "Tut mir leid, ich hab ewig nach meinen Regensachen gesucht, und den ganzen Koffer hab ich noch mal umgepackt: Bikini-Sachen raus, dicke Sachen rein. Wusste ja nicht, dass wir so 'n Scheißwetter kriegen." "Für morgen haben sie auch Scheißwetter angesagt", maulte ich. "Und für übermorgen auch. Vielleicht kriegen wir sogar Schnee! War doch 'ne doofe Idee, ausgerechnet Ostern an die Ostsee zu fahren. Um die Zeit ist es doch immer noch furchtbar ungemütlich." "Ach, komm schon", meinte Therese, "das wird cool! Wir werden Spaß haben, ich weiß das." Und während wir in den Zug stiegen, grinste Felix zu mir rüber: "Yeah, im Schnee zelten an der Ostsee! Geil, das hab ich mir schon immer gewünscht!" Und dann fuhren wir. Der Zug zuckelte ohne jegliche Eile durch die endlosen Weiten Mecklenburg-Vorpommerns. Ich schaute aus dem Fenster. Da merkte ich auf einmal, dass es aufklarte. Die Wolken ...
     verzogen sich, blauer Himmel kam zum Vorschein, und schon fielen die ersten Sonnenstrahlen in unser Abteil. Eine Stunde später fuhren wir immer noch durch dieselbe Landschaft, aber jetzt brannte die Sonne, und wir schwitzten furchtbar in unseren dicken Klamotten. Felix riss das Fenster auf, aber es kam nur lauwarme Luft herein, die uns kaum erfrischte. "Hm, hätt' ich doch lieber die Bikini-Sachen mitgenommen!", meinte Therese. "Tja, ich hab jetzt auch nichts passendes zum Anziehen mit", sagte ich und krempelte mir die Hemdsärmel hoch. Da stieß Felix mich an: "Ey, weißt du noch, wie wir das früher immer gemacht haben?" Er machte ein Zeichen mit den Fingern, aber ich verstand nicht. Da wandte er sich an Therese: "Sag mal, Resi, du hast doch bestimmt 'ne Schere dabei. Kann ich die mal haben?" Therese kramte aus ihrem Beutel eine Nagelschere hervor. Da wusste ich, was Felix meinte: Damals, als an unserer Schule zerrissene Jeans in Mode kamen, hatten wir uns immer die Klamotten zerschnitten. Felix, Therese und ich hatten da unseren eigenen Stil: Wir haben nicht bloß Schlitze gemacht wie die anderen, sondern ganze Ärmel und Hosenbeine abgeschnitten. Zu Hause kriegten wir immer furchtbaren Ärger, weil wir jeden Sommer unsere Sachen total ruinierten. Wir schnippelten überall was ab, bis fast nichts mehr übrig blieb, und im Herbst, wenn es kalt wurde, brauchten wir dann neue. Wusste ich's doch: Felix hatte mit Thereses Nagelschere schon Hand an sich gelegt. Er war eifrig dabei, seine ...
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