1. Der Schmied


    Datum: 06.10.2017, Kategorien: Sonstige, Autor: Aldebaran66

    Schritte weiter erhob sich ein Gebäude, das ich als Burg erkannte. Gesehen hatte ich noch nie eine, aber die Zinnen und Ecktürme ließen diesen Schluss zu. Ich war so beeindruckt wie selten zuvor. Trutzig und uneinnehmbar kam sie mir vor. Nur wenige Fenster waren erleuchtet und so sah das Gebäude eher verlassen und abweisend aus. Man drängte mich dazu, schneller zu laufen. Jede Deckung, die es gab, wurde ausgenutzt und so erreichten wir die Festungsmauer, ohne gesehen zu werden. Auch hier gab es eine Art Schlupfloch, das bei Bedrohung schnell und sehr fest verschlossen werden konnte. Ohne zu zögern, verschwanden wir im Dunkel der Burg. Schwarz wie die Nacht umgab mich die Dunkelheit. Ich ergriff den Umhang meines Führers und ließ mich so mitziehen. Zweimal schlug ich mit dem Kopf gegen einen Vorsprung, da die Decke nicht sehr hoch war. Dann ging es eine gewundene Treppe hinauf. Es waren etliche Stufen, die sich im Kreise drehten. Dann wurde es heller und ich konnte alleine weiter gehen. Eine Kerze an einer Tür spendete etwas Licht. Der Begleiter stand ganz ruhig da und lauschte angespannt, legte sogar ein Ohr gegen das massive Holz, um auch jedes noch so kleine Geräusch zu vernehmen, wenn es eines gab. Nach drei Minuten war er seiner Sache sicher und öffnete den Eingang. Helles Licht von einigen Dutzend Kerzen schienen mir entgegen. Ich trat ein und war fast geblendet von so viel Schönheit. Nie hätte ich vermutet, was ich jetzt zu sehen bekam. Der Raum war nicht sehr groß, ...
     aber groß genug um den Raum eines kleinen Hauses zu umfassen. Elfenbeinfarbene, getünchte Wände mit Gold gerahmten Bildern, unterbrochen von schwerem Samt und Brokatstoffen, die von der Decke bis zum Boden gingen. Ein großer Kamin brannte mit heller, großer Flamme. Die wenigen Möbel bestanden aus einem riesigen, vergoldeten Himmelbett, einem fast weißen Schreibtisch und einigen Stühlen, die gegen die Wände gelehnt standen. Vor dem Schreibtisch saß eine Frau, die mir den Rücken zugewandt hatte. Sie schrieb anscheinend irgendetwas oder tat nur so. Mein Führer huschte zur Seite weg und verschwand auf geheimnisvolle Weise. Die Tür, durch die wir gekommen waren, schloss mit der Wand so gut ab, dass man sie nur entdecken konnte, wenn man wusste, wo sie war. Eisernes Schweigen herrschte und nur das Kratzen der Schreibfeder auf dem Papier oder das Knacken des Holzes im Kamin unterbrach die Stille. Ich hatte keine Ahnung, wie ich mich weiter verhalten sollte, und stand erst einmal schweigend da. Als die Frau mit dem Schreiben fertig war, legte sie die Feder behutsam beiseite. Sie hatte sehr kleine, schmale und zierliche Finger und Hände, die in ein wertvolles Kleid übergingen, das aus einem Stoff gemacht war, den ich nicht kannte. Er glänzte leicht im Kerzenschein und war von einer so wunderschönen grünen Farbe, wie ich es selten gesehen hatte. Dazu waren Reihen von goldenen Fäden mit eingewirkt. Sie atmete einmal tief durch, erhob sich und drehte sich in meine Richtung. Sie war so ...
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