Anita und wir Episode 06.1
Datum: 26.04.2019,
Kategorien:
Transen
Autor: byPhiroEpsilon
alles von flach bis hochalpin. Ich würde schon Gelegenheit haben, Laura über ein paar Hundert Höhenmeter zu scheuchen, um sie mal richtig müde zu machen. Ein Mann muss schließlich auch mal Schlaf kriegen. Wenn ich vorher gewusst hätte, was für einen Appetit sie nach unserer Hochzeit entwickeln würde ... hätte ich sie noch viel früher geheiratet. Aber genug ist manchmal genug. Also steckten wir uns Wasserflaschen an die Gürtel, noch ein paar Energieriegel und zwei Jacken in den Rucksack und machten uns auf den Rundweg. An dieser Ecke des Watzmann-Massivs war es noch richtiggehend ruhig. Die Ströme der Pauschaltouristen konzentrierten sich auf Stellen, die leicht von den Hotels aus erreichbar waren; die Hardcore-Wanderer folgten den ausgeschilderten Höhenwanderwegen, und die echten Bergsteiger suchten größere Herausforderungen als diese. Hierher kamen nur Menschen, die für ein paar Tage auf jeden Luxus verzichteten, um die noch ziemlich urtümliche Natur zu erleben. So wie ich und meine widerwillig die Luxusvilla verlassende Ehefrau. Wir hatten natürlich unsere Handys dabei — wir sind ja nicht lebensmüde — aber auf stumm gestellt, damit uns niemand störte. Und damit meinte ich vor allem meine vorlaute Stieftochter. Ich würde bestimmt noch einige Zeit brauchen, bis ich mich an Kathis Art gewöhnt hatte, wollte sie aber schon jetzt nicht mehr missen. Niemals im Leben hätte ich damit gerechnet, eine Tochter zu bekommen, die schon halb so alt war als ich. Ich war noch nicht einmal ...
für ein Baby bereit gewesen, wenn ich denn eine feste Beziehung gehabt hätte. Andererseits war Kathi für mich gefühlsmäßig eher die jüngere Schwester, die ich nie gehabt hatte, und der ich jetzt jeden Wunsch von den Augen ablesen wollte. Ich hoffte nur, deswegen würde es nicht irgendwann den ersten großen Krach mit meiner Ehefrau geben. "O Scheiße!", brüllte Laura plötzlich. "Hast du dir ..." "Nein, nein!", unterbrach sie mich und zeigte mit dem Finger den Berg hinauf. Ich wurde zuerst stinkig, als ich das Mountainbike sah, das uns auf dem schmalen Pfad entgegenkam. Diese rücksichtlosen Raser hatten hier doch nichts verloren. Dann stellte ich das fest, was Laura wohl schon vor mir gesehen war. Der Radfahrer war viel zu schnell unterwegs. Der Pfad, auf dem wir standen, war größtenteils blanker Fels. Hinter uns machte er einen scharfen Knick und lief entlang eines Steilabfalls. Der war natürlich mit Stahlseilen gesichert, doch wenn der Typ auf dem Rad nicht gleich bremste ... "Stopp, stopp", schrie Laura und wedelte mit den Armen, doch der Radfahrer trat immer noch mehr in die Pedale. Das konnte nicht gut gehen. Ich sah mich hektisch um. Links neben mir war noch mehr blanker Fels, rechts neben mir ... eine kleine Wiese. Ich blickte wieder zu dem näherkommenden Rad. Der Fahrer — die Fahrerin — trug keinen Helm, und ihr langes blondes Haar wehte im Fahrtwind hinter ihr. Sie sah gottseidank nicht besonders schwer aus, also konnte mein Plan klappen. "Schnapp das Rad", fauchte ich ...